Die Anfänge des Schömberger Kindergartens W. Obert Teil einer Ausstellung der Schömberger Kindergärten im im Rathaus: Juli 2004
Schon Anfang des 20 Jhd. zeigte sich das Bedürfnis in Schömberg nach einer Betreuung der noch nicht schulpflichtigen Kinder. Es waren erst wenige Jahre vergangen, dass Schömberg die Entwicklung vom Bauern- und Arbeiterdorf zum Kurort gegangen ist. Durch das Entstehen der Sanatorien war auch ein Bedarf an Personal entstanden. Die Männer gingen als Rassler nach Pforzheim in die Fabrik und kamen teilweise erst am Wochenende wieder heim. Die Frauen halfen in den Sanatorien aus. Weibliches Dienstpersonal wurde auch in weiter entfernten Gebieten gesucht. Trotzdem war Schömberg zu dieser Zeit auch noch ein Bauerndorf in dem ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt war. Wenn die Frauen aufs Feld gingen wäre es eine große Erleichterung, die Kleinkinder unter Aufsicht zurück lassen zu können. Durch das Engagement von Frau Koch, der Gattin des Chefarztes im Sanatorium Schömberg, von Leutnant Elven und von Pfarrer Weitbrecht wurde schon 1908 auf privater Basis eine Kleinkinderschule eingerichtet. Räume dafür wurden bei Gipser Girrbach in der Poststraße angemietet.
Am 1. Juli 1908 trat Schwester Katharine Walker von der Großheppacher Schwesternschaft ihren Dienst in der Kleinkinderschule Schömberg an. Ob es vorher schon Kinderbetreuung auf privater Basis gab, ist nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass die Einrichtung und Organisation dieser Einrichtung einer längeren Vorbereitung bedurfte. Das Protokollbuch des Vorstandes der Kleinkinderpflege beginnt mit der Sitzung am 1. Okt. 1908 Frau Dr. Koch ist Vorsitzende und Pfarrer Weitbrecht ihr Stellvertreter. Oberleutnant Elven ist Schriftführer und Kassierer. Desweitern gehören dem Vorstand noch 8 weitere Personen an, unter denen auch Luise Römpler ist. Der Kleinkinderschule stand zu dieser Zeit ein Raum zur Verfügung. Die Einrichtung bestand aus Großheppacher Bänken. Sommers kommen 50 und Winters 60 - 64 Kinder im Alter von 3-6 Jahren. Schulstunden sind von 8-11 und 13- 16 Uhr. Das Gehalt der Kinderschwester betrug 500 Mark/Jahr. Die Finanzierung soll über das Schulgeld, Mitgliedsbeiträge, Spenden, über eine jährliche Sammlung und über einen Zuschuss der Gemeinde von 250 Mark (1909) erfolgen Im Okt. 1909 besuchte der Inspektor des Mutterhauses Großheppach, J. Michaelis, die Kleinkinderschule. In einem Schreiben an den Gemeinderat vom 5 Nov. 1909 ist er der Meinung, dass das Schullokal viel zu klein ist und in keiner Weise den Bedürfnissen genügt. Der Überfüllung des Schullokals wurde insoweit begegnet, dass der Schulbesuch nach Knaben und Mädchen getrennt wurde. Trotzdem stellt sich für den Vorstand und für den Gemeinderat die Frage, ob die Kleinkinderpflege geschlossen werden soll. Da sich die Anstalt allgemeiner Beliebtheit erfreut, soll nach Mitteln und Wegen gesucht werden, die Lokalfrage zu lösen. Ende 1910 reift der Wille neues Kleinkinderschulgebäude zu bauen. Anfang 1911 wird der Obstgarten von Gottlieb Öhlschläger gekauft. Auf Bitte erklärt sich Direktor Römpler bereit, das Kinderschulgebäude auf Rechnung des Vereins zu erbauen und einen Kinderschulgarten anzulegen. Das Haus soll von dem Material eines auf Abbruch gekauften Hauses des Sanatoriums erbaut werden. Das ganze Projekt soll von Hugo Römpler vorfinanziert, mit 4% verzinst und jährlichen Raten getilgt werden. Der Bau und Betrieb einer Kleinkinderschule erforderte natürlich auch eine neue Rechtform für die Kleinkinderpflege. Am 8. Juli 1911 wird der Kleinkinderpflegerverein in das Vereinsregister eingetragen. Der Verein hat zu diesem Zeitpunkt ca. 100 Mitglieder. 1. Vorsitzende ist wieder Frau Dr. Koch. Der Bau des Kindergartens geht schnell voran. Am 18 Juli 1911 findet die Einweihung statt. Das Grundstück ist 521 m2 groß. Das Schulgebäude beinhaltet im Erdgeschoß einen großen Saal für 2x 42 Kinder sowie ein Nebenzimmer mit 12,5 m2 das zeitweilig separat vermietet wurde. Eine einfache Abortanlage ist seitlich angebaut. Im Dachgeschoss ist eine Wohnung für die Schwester eingerichtet. Der Neubau hat 7500 Mark gekostet incl. der 500 Mark für das Grundstück und wurde voll von Hugo Römpler vorfinanziert. Auf Bitte des Vereins geht er mit dem Zins auf 3,5% für die Finanzierung der Schuld herunter. Der Verein will jährlich so viel wie möglich tilgen. (Es gibt aber in Zukunft keine Überschüsse) Hugo Römpler wird in Anerkennung für die Erbauung des Kleinkinderschulgebäudes zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt. Welche Anerkennung die Kleinkinderschule in der Bevölkerung hatte, lässt sich an den größeren Spenden erkennen die immer wieder eingingen. So hat z.B. 1912 Pfarrer Roming aus Mundelsheim und seine Frau 1000 Mark gespendet. Aus Anlass seiner Ernennung 1913 zum Ehrenbürger Schömbergs spendet Hugo Römpler 1000 Mark Ende 1912 scheidet Katharine Walker wegen Krankheit aus und verstirbt am 18. März 1913. Es folgen mehrere Aushilfen, bis am 1. Mai 1913 die 32 jährige Schwester Christine Lörcher den Dienst aufnimmt.. Am 1. Mai 1917 kommt Schwester Marie Frey, die aber im Sept 1919 wegen Krankheit wieder ausscheiden muss. 1917 stellt sich die finanzielle Lage des Vereins derart, dass die Kleinkinderpflege ohne Unterstützung der Gemeinde nicht weiter geführt werden kann. Dies soll dem Gemeinderat unterbreitet werden. Einen einschneidenden Verlust trifft den Verein mit dem Wegzug von Dr. Koch und seiner Frau im Okt. 1918. Der Verein verliert in Frau Dr. Koch ihren 1. Vorsitzenden und die treibende Kraft von Anfang an. Auf Wunsch der scheidenden Vorsitzenden werden Schultheiß Hermann und Pfarrer Supper in den Vorstand berufen um einstweilen die Geschäfte weiter zu führen. Die finanzielle Lage des Vereins wird immer schwieriger. Das Schulgeld muss auf 20 Pf/Woche angehoben werden. In der Mitgliederversammlung am 2. 12. 1919 erstattet Pfarrer Supper Bericht über die finanziellen Verhältnisse des Vereins. Es stellt sich die Frage, ob der Verein mit Hilfe der Gemeinde weiter bestehen, oder ob er sich auflösen und das ganze Unternehmen in das Eigentum und in die Verwaltung der Gemeinde übergehen soll. In der Aussprache wird das Letztere unterstrichen und besonders aus sozialen Gründen befürwortet. Dieser Beschluss deckt sich mit dem Beschluss im Gemeinderat vom 1. Dez. 1919, die Kleinkinderschule ganz auf die Gemeinde zu übernehmen. Am 16. Dez. 1919 findet nochmals eine Mitgliederversammlung statt. Sämtliche anwesenden Mitglieder erklären sich mit der Auflösung des Vereins und mit der Übertragung des Vereinseigentums an die Verwaltung der Gemeinde einverstanden. Am 10. Dez. 1920 wird der Kleinkinderpflegeverein im Vereinsregister gelöscht. In der Mitgliederversammlung vom 2. 12. 1919 dankt Schultheiß Hermann der anwesenden Frau Römpler für die hochherzige Stiftung ihres Mannes. Es wird hier nicht erwähnt um was es sich im Detail handelt. Da im Grundbuch keine Lasten zu Gunsten Hugo Römplers eingetragen sind, der Kindergarten schuldenfrei an die Gemeinde übergeht und der Verein keine weiteren Geldmittel hat, kann man annehmen, dass mit der "hochherzigen Stiftung" der Erlass der Schulden des Kleinkinder-pflegevereins gemeint war. Dies würde bedeuten, dass der Kindergarten incl. Grundstück von Hugo Römpler gebaut, bezahlt und über den Kleinkinderpflege-Verein der Gemeinde geschenkt wurde.
Im Gemeinderatsprotokolle vom 22. Febr. 1921 heißt es: Der frühere Vorstand des aufgelösten Kleinkinderpflegevereins soll veranlasst werden, die Liquidation des Vereinsvermögens durchzuführen und das Schulgebäude auf die Gemeinde aufzulassen. Erst am 10. Nov. 1927 wird das Grundstück Kinderschule im Grundbuch auf die Gemeinde umgeschrieben. Die Kleinkinderschule wird auch in den folgenden Jahren bis weit in die NS-Zeit hinein von den Schwestern aus dem Mutterhaus in Großheppach betreut. Die letzte Kinderschwester aus Großheppach, Paula Trittler wurde am 31. 12. 1938 zur Ruhe gesetzt und das Verhältnis mit dem Mutterhaus gekündigt. Es gibt nun keinen Kindergarten mehr, was von den Müttern als großer Mangel empfunden wird. Am 2. Mai 1939 wird die Kleinkinderschule durch die NSV übernommen und als Kindergarten wieder eröffnet. (Damit hat die Gemeinde zu einem guten Teil dazu beigetragen, dass die Erziehung der Kinder zum Nationalsozialismus von Kind auf erfolgt. Auszug aus Gemeinderatsprotokoll-) Aus dieser Bemerkung kann man herauslesen, dass dies eine politische Entscheidung war. Aus dem Datum kann man erkennen, dass es der Verwaltung gelungen war, diese Entwicklung lange hinaus zu zögern. In einem Bericht der Kreisfürsorgerin vom 5. 8. 1939 heißt es: Seit 2. Mai 1939 ist der Kindergarten wieder eröffnet. Der Kindergarten wurde renoviert und die alten Schulbänke durch neuzeitliche Kindermöbel ersetzt. Im kleinen Zimmer wohnt immer noch ein älteres Fräulein. Wegen aufgetretener Kinderlähmung ist der Kindergarten zur Zeit geschlossen, soll aber am 7. 8. wieder aufgemacht werden. Es sind 53 Kinder angemeldet, die von Frl. Klärchen Klever aus Vellenberg betreut werden. Die Anzahl der betreuten Kinder hat sich seit der Einrichtung der Kleinkinderschule im Jahre 1908 kaum verändert. 1944 übernimmt Lotte Stoll den Schömberger Kindergarten bis zum Einmarsch der Alliierten. Bei der Wiedereröffnung des Kindergartens nach dem Kriege wird die Betreuung der Kinder der früheren Kinderschwester Paula Trittler übertragen. Dies wird nur als Übergangslösung gesehen, da Schwester Paula eigentlich im Ruhestand ist Am
1. Juni 1946 übernimmt Lotte Stoll wieder die Leitung des
Kindergartens bis zu ihrer Heirat mit Werner Zillinger. Die
Verhältnisse sind sehr beengt. Es werden in einem Raum 70
bis 100 Kinder betreut mit nur einer Helferin. Trotzdem wird 1952
in einem Bericht des Ev. Landesverb. f. Kinderpflege der Zustand
des Kindergartens noch positiv beurteilt. Man kann aber bei dieser Raum- und
Personalausstattung natürlich nur von Betreuung und nicht
von schulischer Förderung sprechen.
1957 wird Tante Lotte von Ilse Pauly abgelöst, die dem Kindergarten Schömberg 21 Jahre leiten wird. Am 1: Jan. 1962 sind 80 Kinder angemeldet und durchschnittlich 60 Kinder anwesend, die durch Ilse Pauly und einer Helferin betreut werden. Durch die beengten Platzverhältnisse wird erwogen, die Kinderzahl auf 50 zu begrenzen, was aber nicht möglich ist. 1963 wird durch Einstellung einer dritten Fachkraft versucht den Mangel übergangsweise zu behelfen. Eine endgültige Lösung kann aber nur im Neubau eines Kindergartengebäudes bestehen. Dazu wird der alte Kindergarten gegen ein altes Bauernhaus und ein Grundstück in der Talstraße getauscht. Hier entsteht nun ein neuer Kindergarten. Nach dem Auszug des Kindergartens wird das Gebäude in der Herdgasse als privates Wohnhaus von Friedrich Ölschläger bis zu dessen Tode im Jahre 1986 benutzt. Das Gebäude wurde dann von der Familie Wöhr übernommen und 1994 für einen Wohnhausneubau abgerissen. Damit ging ein Stück
Geschichte der Kleinkinderbetreuung in Schömberg zu Ende, zu
dem der Kleinkinderpflegeverein und Hugo Römpler schon sehr
früh den Grundstein gelegt haben. Quellen:
Ergänzung:
Die Anzahl der
betreuten Kinder im Kindergarten Schömberg sank von seinen
Anfängen 1908 mit ca. 60 Kindern auf nur noch 40 Kinder in
1950. Zur gleichen Zeit ist die Zahl der Einwohner leicht von ca.
1300 auf 1470 gestiegen. Nach 1950 steigt die Zahl der Einwohner
und die Zahl der Kindergartenkinder stetig an ( Vorallem durch
das gute Arbeitsplatzangebot in den TBC-Kliniken)und erreicht
1965 mit 95 Kindern (bei 2800 Einwohnern) ein Niveau das
unbedingt die Erweiterung des Platzangebots und den Neubau
eines Kindergartens notwendig gemacht hat. 1972 steigt die
Kinderzahl stark an. Der Kindergarten erreicht mit 139
Kindern in 4 Gruppen seine höchste Belegungsdichte.
In den folgenden
Jahren steigt die Anzahl der angemeldeten Kinder unter
Schwankungen langsam an. Durch die schnell wachsende Bevölkerung Schömbergs, bedingt durch die Umbrüche in der Weltpolitik, wird schon bald eine fünfte Kindergartengruppe notwendig. Diese Erweiterung kann am 20. Sept. 1991 eingeweiht werden. Die Betriebserlaubnis für dies 5te Gruppe ist befristet bis zur Erstellung eines neuen weiteren Kindergartens der zu diesem Zeitpunkt in Planung war. Durch die
Gemeindereform und dem Zusammenschluss mit den Nachbargemeinden
und dem starken Bevölkerungswachstum wächst auch dort
das Bedürfnis und Verlangen nach einem eigen Kindergarten.
In Langenbrand wird am 1. März 1975 in den Räumen der Schule ein Kindergarten eingerichtet der 1988 durch einen Anbau erweitert wird. 1993 wird in den Räumen der früheren Schule ein weiterer Gruppenraum eingerichtet. 1998 wird mit der ?offenen Kindertageseinrichtung? eine neue Konzeption verwirklicht. Mit der Betreuung unter 3jähriger Kinder und der Zurverfügungstellung von zunächst 5 Ganztagesplätzen wurde das Angebot den Bedürfnissen der Eltern angepasst. Im Jan. 1984 konnte auch in Bieselsberg in den Räumen der alten Schule ein Kindergarten eingeweiht werden. Im Sept. 1992 wird eine zweite Gruppe eingerichtet die aber 1994 mangels Bedarf wieder geschlossen wird. Aber 1999 mußte der Kindergarten wieder erweitert und eine zweite Gruppe eingerichtet werden. Die Kinder aus Oberlengenhardt können am 21. August 1992 ihren eigenen Kindergarten in Besitz nehmen. Dieser wurde mit einer Gruppe im alten Schulhaus eingerichtet. Das starke Bevölkerungswachstum vor allem in den Jahren1988-92 machte auch in Schömberg selbst ein zusätzliches Platzangebot für die Kleinkinder notwendig. Dies wurde in einem zweiten Kindergarten in der Schillerstraße verwirklicht. Trotz Anfangsschwierigkeiten konnte diese Einrichtung im September 1993 mit 2 Gruppen eingeweiht werden. Heute werden in Schömberg ca. 300 Kinder in diesen Einrichtungen betreut.
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